Start
Über uns
About us
Hintergrund
Wie alles begann
Veröffentlichungen
papers (English)
Kontakt:
Dr. Ernst Kniprath
Sievershäuser Oberdorf 9
D 37574 Einbeck
Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.
Beide Seiten der vorigen Revision Vorhergehende Überarbeitung | Nächste Überarbeitung Beide Seiten der Revision | ||
de:start [2015/07/26 15:40] admin |
de:start [2015/07/27 14:41] admin |
||
---|---|---|---|
Zeile 60: | Zeile 60: | ||
Lassen wir ab hier die Eulenforscher selbst berichten: Also, wir kommen – tagsüber! – auf den Bauernhof und schauen uns erst einmal nach Spuren der Eulen um. Die findet man am ehesten unter den großen Vordächern der Scheunen. Auf deren ziemlich waagerechten Stützbalken sitzen die Eulen gerne in den Pausen ihrer Jagdflüge oder auch vor dem Schlafengehen am frühen Morgen. Von diesem Sitzplatz aus lassen sie ungeniert die Reste ihrer Verdauung nach unten fallen. Das gefällt natürlich nicht jedem, ganz bestimmt nicht dem, der gerade da sein Auto geparkt hat. Eulenkot ist ätzend und greift den Autolack an. Aber echte Eulenfreunde parken in der Zeit eben ihr Auto an anderer Stelle. | Lassen wir ab hier die Eulenforscher selbst berichten: Also, wir kommen – tagsüber! – auf den Bauernhof und schauen uns erst einmal nach Spuren der Eulen um. Die findet man am ehesten unter den großen Vordächern der Scheunen. Auf deren ziemlich waagerechten Stützbalken sitzen die Eulen gerne in den Pausen ihrer Jagdflüge oder auch vor dem Schlafengehen am frühen Morgen. Von diesem Sitzplatz aus lassen sie ungeniert die Reste ihrer Verdauung nach unten fallen. Das gefällt natürlich nicht jedem, ganz bestimmt nicht dem, der gerade da sein Auto geparkt hat. Eulenkot ist ätzend und greift den Autolack an. Aber echte Eulenfreunde parken in der Zeit eben ihr Auto an anderer Stelle. | ||
- | |||
- | [{{ : | ||
Gibt es derartige Spuren oder sagen uns die Hofleute, dass sie Eulen gehört oder gar gesehen haben, dann frohlocken wir: Hier müssen sie brüten. Dann gibt es je nach Lage unterschiedliche Strategien: Ist die Einflugöffnung am Kasten (außen am Gebäude) nicht höher als 8 Meter, dann wird sie von außen verschlossen. Das machen wir mit einem Stopfen passender Größe aus Hartschaum. Der ist am oberen Ende von zusammengesteckten Aluminiumstangen befestigt. So, wer jetzt im Kasten sitzt, kann nicht mehr entkommen. Das gilt natürlich auch für die Kästen, in denen wir im Laufe der Jahre Zugbrücken (wie bei mittelalterlichen Burgen) angebracht haben. Diese Zugbrücken werden aus einigem Abstand bedient, damit die Eulen nicht schon frühzeitig gewarnt werden und abfliegen. | Gibt es derartige Spuren oder sagen uns die Hofleute, dass sie Eulen gehört oder gar gesehen haben, dann frohlocken wir: Hier müssen sie brüten. Dann gibt es je nach Lage unterschiedliche Strategien: Ist die Einflugöffnung am Kasten (außen am Gebäude) nicht höher als 8 Meter, dann wird sie von außen verschlossen. Das machen wir mit einem Stopfen passender Größe aus Hartschaum. Der ist am oberen Ende von zusammengesteckten Aluminiumstangen befestigt. So, wer jetzt im Kasten sitzt, kann nicht mehr entkommen. Das gilt natürlich auch für die Kästen, in denen wir im Laufe der Jahre Zugbrücken (wie bei mittelalterlichen Burgen) angebracht haben. Diese Zugbrücken werden aus einigem Abstand bedient, damit die Eulen nicht schon frühzeitig gewarnt werden und abfliegen. | ||
+ | |||
+ | [{{ : | ||
Das Entkommen wollen wir deshalb verhindern, weil wir ja schließlich sehen wollen, ob die Eule schon einen Ring hat. Hat sie einen, dann ist es meistens eine, die wir selbst beringt haben. Dann wissen wir, wer sie ist und woher sie kommt. Gelegentlich ist mal eine dabei, die wir nicht selbst beringt haben, die also von außerhalb kam. Einmal haben wir einen Eulenmann gefangen, der aus dem Schweizer Jura stammte. Das war Karli. So haben wir den benannt. Alle brütenden Eulen haben Namen. Das hilft uns, die einzelnen Eulen auseinander zu halten. Die Ringnummern wären dazu viel zu unpraktisch. Schreibt man „Karli“ auf, dann gibt es keinen Zahlendreher wie bei 483429. Und wer kann schon solche Zahlen behalten, die aus Serien stammen und daher alle so ähnlich sind? | Das Entkommen wollen wir deshalb verhindern, weil wir ja schließlich sehen wollen, ob die Eule schon einen Ring hat. Hat sie einen, dann ist es meistens eine, die wir selbst beringt haben. Dann wissen wir, wer sie ist und woher sie kommt. Gelegentlich ist mal eine dabei, die wir nicht selbst beringt haben, die also von außerhalb kam. Einmal haben wir einen Eulenmann gefangen, der aus dem Schweizer Jura stammte. Das war Karli. So haben wir den benannt. Alle brütenden Eulen haben Namen. Das hilft uns, die einzelnen Eulen auseinander zu halten. Die Ringnummern wären dazu viel zu unpraktisch. Schreibt man „Karli“ auf, dann gibt es keinen Zahlendreher wie bei 483429. Und wer kann schon solche Zahlen behalten, die aus Serien stammen und daher alle so ähnlich sind? | ||
- | |||
- | [{{ : | ||
Unser Verfahren sieht so aus: Jede Eule erhält einen „Familiennamen“. Das ist der des Hauses, in dem sie gefangen wurde. Bei Kirchen nehmen wir meist den Namen der Küsterin. Eulen, die brüten, erhalten noch einen Vornamen. Wir machen das nicht bei allen Eulen, weil es so viele Namen gar nicht gibt. Und dann vergeben wir die Namen noch jahrweise nach dem Alphabet. Das machen z.B. auch Hundezüchter so. Wenn wir einen unserer Jungvögel später als Brutvogel wiederfinden, | Unser Verfahren sieht so aus: Jede Eule erhält einen „Familiennamen“. Das ist der des Hauses, in dem sie gefangen wurde. Bei Kirchen nehmen wir meist den Namen der Küsterin. Eulen, die brüten, erhalten noch einen Vornamen. Wir machen das nicht bei allen Eulen, weil es so viele Namen gar nicht gibt. Und dann vergeben wir die Namen noch jahrweise nach dem Alphabet. Das machen z.B. auch Hundezüchter so. Wenn wir einen unserer Jungvögel später als Brutvogel wiederfinden, | ||
Zeile 73: | Zeile 71: | ||
Kommen wir wieder zurück zu den Kontrollen der Eulenkästen, | Kommen wir wieder zurück zu den Kontrollen der Eulenkästen, | ||
- | [{{ :de:soeren-p5310021.jpg?240|Der Eulenmann Sören ist gerade beringt worden und wartet darauf, wieder freigelassen zu werden}}] | + | [{{ :de:sortiert_eule_3.jpg?240|Die jungen Eulen werden |
Wie aber wissen wir, wer er und wer sie ist? Bei Eulen brüten, wie wir schon sagten, ausschließlich die Weibchen. Wenn also nur eine Eule bei der Brut ist, so ist das garantiert sie. Sind beide Eltern da, müssen wir genauer hinschauen, weil sie sich rein äußerlich nicht sicher genug unterscheiden. Auch beim Gewicht ist die Unterscheidung nicht ganz sicher möglich. Die Gewichte überschneiden sich. Übrigens sind die Weibchen etwas größer und schwerer als die Männchen. Auch das hilft uns bei der Unterscheidung. Zum Wiegen kommen die Eulen in einen Stoffbeutel und werden mit einer Federwaage gewogen. Aber das sicherste Merkmal ist immer, dass die Weibchen auf der Bauchseite eine Brutfleck haben, eine Fläche von der Größe der Handfläche eines Kindes von sechs Jahren etwa. Das ist eine stark durchblutete Hautpartie, mit der die Eule die Eier wärmt, genau so wie bei fast allen Vögeln, auch Haushühnern. Nach dieser Prozedur setzen wir die Eulen wieder in den Kasten, das Weibchen direkt auf die Eier oder die Jungen. Das beruhigt sie und fast alle Eulenmütter bleiben gleich dort und brüten oder hudern unbeirrt weiter. Überhaupt sind die meisten Schleiereulen recht friedfertige Vögel, jedenfalls uns gegenüber. Sie beißen auch nicht, auch wenn ihr Schnabel dazu gut geeignet wäre. Nur vor ihren Krallen nehmen wir uns in acht. | Wie aber wissen wir, wer er und wer sie ist? Bei Eulen brüten, wie wir schon sagten, ausschließlich die Weibchen. Wenn also nur eine Eule bei der Brut ist, so ist das garantiert sie. Sind beide Eltern da, müssen wir genauer hinschauen, weil sie sich rein äußerlich nicht sicher genug unterscheiden. Auch beim Gewicht ist die Unterscheidung nicht ganz sicher möglich. Die Gewichte überschneiden sich. Übrigens sind die Weibchen etwas größer und schwerer als die Männchen. Auch das hilft uns bei der Unterscheidung. Zum Wiegen kommen die Eulen in einen Stoffbeutel und werden mit einer Federwaage gewogen. Aber das sicherste Merkmal ist immer, dass die Weibchen auf der Bauchseite eine Brutfleck haben, eine Fläche von der Größe der Handfläche eines Kindes von sechs Jahren etwa. Das ist eine stark durchblutete Hautpartie, mit der die Eule die Eier wärmt, genau so wie bei fast allen Vögeln, auch Haushühnern. Nach dieser Prozedur setzen wir die Eulen wieder in den Kasten, das Weibchen direkt auf die Eier oder die Jungen. Das beruhigt sie und fast alle Eulenmütter bleiben gleich dort und brüten oder hudern unbeirrt weiter. Überhaupt sind die meisten Schleiereulen recht friedfertige Vögel, jedenfalls uns gegenüber. Sie beißen auch nicht, auch wenn ihr Schnabel dazu gut geeignet wäre. Nur vor ihren Krallen nehmen wir uns in acht. | ||
Zeile 80: | Zeile 78: | ||
Dann warten wir im Auto nicht weit weg, so dass wir den Nistkasteneingang unter Kontrolle haben. Das Männchen kommt dann irgendwann. Manchmal kann das ganz schnell sein, kaum dass es wirklich dunkel ist, manchmal aber auch nach sehr langer Warterei. Manche Männchen fliegen ohne zu zögern direkt in den Kasten und wir hören mit Erleichterung das Zuschlagen der Falltür. Andere aber sind misstrauisch. Sie kommen vorsichtig herangeflogen, | Dann warten wir im Auto nicht weit weg, so dass wir den Nistkasteneingang unter Kontrolle haben. Das Männchen kommt dann irgendwann. Manchmal kann das ganz schnell sein, kaum dass es wirklich dunkel ist, manchmal aber auch nach sehr langer Warterei. Manche Männchen fliegen ohne zu zögern direkt in den Kasten und wir hören mit Erleichterung das Zuschlagen der Falltür. Andere aber sind misstrauisch. Sie kommen vorsichtig herangeflogen, | ||
+ | |||
+ | [{{ : | ||
Wieso sind eigentlich manche Eulenmänner nicht bei ihrer Familie? Wir könnten uns die Sache leicht machen und die Frage mit einem Thekenspruch erledigen: „Sind doch anderswo auch meistens nicht zu hause“. Aber unsere Fragen sind wissenschaftlich und wir wollen sie wissenschaftlich beantworten. Anfangs, also ganz bestimmt, so lange das Weibchen noch Eier legt, sind sie Tag und Nacht bei ihrem Weibchen. Es geht nicht nur darum, eventuell auftauchende Feinde abzuwehren sondern viel mehr darum, anderen Männchen jede Chance zu einem ungebetenen Besuch zu verleiden. Das ist später, wenn die Jungen geschlüpft sind, nicht mehr so unbedingt nötig. Dann bleiben die Männchen auch schon mal nachts weg. Und noch viel später, wenn die Jungen größer sind und in dem Kasten herumturnen und dann auch noch nach Futter betteln, verschaffen sich die Männchen ihre Ruhe und schlafen anderswo. | Wieso sind eigentlich manche Eulenmänner nicht bei ihrer Familie? Wir könnten uns die Sache leicht machen und die Frage mit einem Thekenspruch erledigen: „Sind doch anderswo auch meistens nicht zu hause“. Aber unsere Fragen sind wissenschaftlich und wir wollen sie wissenschaftlich beantworten. Anfangs, also ganz bestimmt, so lange das Weibchen noch Eier legt, sind sie Tag und Nacht bei ihrem Weibchen. Es geht nicht nur darum, eventuell auftauchende Feinde abzuwehren sondern viel mehr darum, anderen Männchen jede Chance zu einem ungebetenen Besuch zu verleiden. Das ist später, wenn die Jungen geschlüpft sind, nicht mehr so unbedingt nötig. Dann bleiben die Männchen auch schon mal nachts weg. Und noch viel später, wenn die Jungen größer sind und in dem Kasten herumturnen und dann auch noch nach Futter betteln, verschaffen sich die Männchen ihre Ruhe und schlafen anderswo. |